technische Leitung des Logan CIJ Symposiums 2016
Hintergrund
Das Centre for Investigative Journalism (CIJ) ist eine gemeinnützige Organisation mit Sitz in London, die Journalisten, Forscher, Produzenten und Studenten in der Praxis und Methodik des investigativen Journalismus schult. Das CIJ setzt sich für den Schutz der Informations- und Pressefreiheit ein, bildet investigative Journalisten weiter und schützt Whistleblower.
Das Centre for investigative Journalism führt seit 2015 jährlich eine Konferenz durch. Dieses Jahr war diese Konferenz zum ersten Mal in Berlin. Ich wurde vom Veranstalter angesprochen und gefragt ob mir eine Lösung für ein bestimmtes Problem einfallen würde.
Die Organisation konnte den investigativen Journalisten Anas Aremyaw Anas als Sprecher für die Veranstaltung gewinnen. Das Gesicht dieser Person durfte, trotz seines Auftrittes auf der Bühne, nicht gezeigt werden. Keinem der Besucher der Veranstaltung oder der Gäste im Videostream durfte es möglich sein mit diesem Namen ein Gesicht zu verbinden. Die einfachste Lösung wäre gewesen eine Maske zu verwenden – dies war jedoch nicht erwünscht, da darunter die Audioqualität gelitten hätte.
Ich erarbeitete eine Lösung auf Basis einer Rückprojektionsleinwand mit Schattenspielen in den Farben der Veranstaltung und schlug dieses Konzept der Veranstaltungsleitung vor. Nachdem ich für zwei weitere Probleme (Kommunikation im Team während der Veranstaltung, sowie die Realisierung der Videostreamproduktion) Lösungen vorgeschlagen hatte, wurde mir die Position des technischen Leiters der Veranstaltung angeboten.
Planungsphase
Am Vorabend der Veranstaltung fand das sogenannte Speakersdinner statt. Aufgrund des Projekts “Feldküche für das CCCamp 2015” habe ich ein großes Netzwerk aus gastronomischen Zulieferern, dass ich benutzte um mehrere Angebote für das Catering als auch der Getränkeversorgung einzuholen. Schlussendlich wurden sowohl die Gläser als auch alle Getränke über einen von meinen Kontakten bestellt.
Von Seiten des Veranstalters war gewünscht, dass ein Videostream produziert werden sollte, der während der Veranstaltung live im Internet verfügbar ist. Alle Vorträge sollten weiterhin aufgezeichnet werden und die Aufzeichnungen sollten ebenso kurzfristig nach der Veranstaltung veröffentlicht werden.
Von der Veranstaltungslocation, dem bcc, gab es ein schriftliches Angebot zur Produktion des Streams. Auch die c-base produziert regelmässig Videostreams und veröffentlicht Aufzeichnungen von Veranstaltungen in der c-base. Weil diese Kompetenzen daher in meinem Netzwerk vorhanden waren, konnte ich einen besondere Übereinkunft aushandeln. Das Logan CIJ Symposium mietete einiges Equipment von der c-base und ergänzte dieses mit weiterem Equipment von einem kommerziellen Verleiher. Es wurde vereinbart, dass die Personen, die in der c-base normalerweise Videos und Recordings produzieren kostenlos arbeiten und dass anstatt eines Lohns in Höhe von marktüblichen Tagessätzen stattdessen Equipment für die c-base gekauft wird, welches wir auch auf dem Logan CIJ Symposium einsetzen können.
Es freute uns besonders, dass das Unternehmen Wowza die Verteilung des Streams über das Content Delivery Network von Wowza sponsorte und uns hier keine Kosten entstanden.
So entstand eine Win-Win-Situation, in der das Logan CIJ Symposium einen deutlich aufwendiger produzierten Stream bekam, der weniger kostete als das initiale Angebot des bcc und gleichzeitig die technischen Möglichkeiten in der c-base qualitativ und quantitativ weiterentwickelte.
Für das Audiosystem schrieb ich alle Anforderungen der einzelnen Speaker sowie die Anforderungen der Kuration zusammen und entwickelte daraus ein technisches Konzept, welches ich den Haustechnikern des bcc übergab. Unter anderem benötigten wir acht Funkmikrofonkanäle sowie Audio-Kompressoren pro Kanal. Weiterhin war es notwendig die Audiosumme nicht nur im Saal zu spielen, sondern auch im Haus zu verteilen. Die Audiosumme wurde u.A. für den Livestream, für die Fernseher im Haus sowie für die Organisation “Voicerepublic” benötigt.
Damit alle Techniker, aber auch das Orga-Team untereinander kommunizieren können, mietete ich professionelle Betriebsfunkgeräte von zwei verschiedenen Organisationen an und besorgte eine Frequenzzuteilungsurkunde von der Bundesnetzagentur. Es kamen sowohl abgesetzte Lautsprechermikrofone, als auch Schallschläuche zum Einsatz. Für die Techniker mietete ich vollgeschlossene Headsets mit steifem Mikrofonbügel.
Zusammen mit dem Team des bcc führte ich die Netzwerkplanung durch. Wir benötigten mehrere voneinander getrennte Uplinks und zwar einen Uplink der ausschliesslich für den Videostream reserviert war, einen Uplink mit WLAN-Netzwerk für unsere Gäste, einen Uplink mit WLAN-Netzwerk für das Orga-Team und einen vierten Uplink ausschliesslich für Videokonferenzschaltungen. Ich mietete 22 Netzwerkswitche und sorgte dafür, dass in jedem Büro, im Hackcenter und in der Cryptobar ausreichend Netzwerkports für die Freiwilligen, das Orga-Team und unsere Gäste vorhanden sind.
Das Haus ist normalerweise schlicht weiss beleuchtet. Da dies für die geplante Veranstaltung unpassend war, entwickelte ich mit dem leitenden Techniker ein technisches Konzept zur dekorativen Beleuchtung des Gebäudes. Danach bat ich unseren leitenden Künstler ein passendes Farbkonzept zu entwickeln und modifizierte das Beleuchtungskonzept so, dass die Projektionen von mehreren Beamern an verschiedenen Stellen im Gebäude durch das dekorative Licht nicht eingeschränkt wird.
Die taz und der Spiegel boten uns an den Stream auch auf deren Website zu zeigen. Ich kümmerte mich im Vorfeld um die Kommunikation mit den zuständigen Bewegtbildredaktionen und erklärte die technischen Details der Einbindung des Streams den Redakteuren des Spiegels, die taz benötigte diese Hilfe nicht.
Etwa vier Wochen vor der Veranstaltung erfuhr ich, dass der bisher geplante Head of Volunteers aus beruflichen Gründen leider nicht am Logan CIJ Symposium teilnehmen kann. Da der Rest des Teams ausgelastet war, habe ich diese Aufgabe übernommen. Diese Aufgabe umfasste die Schichtplanung und Kommunikation mit den über 50 Volunteers. Ich erzeugte alle Schichten und verteilte ca. 30% der Schichten an unsere Volunteers.
Ich suchte insbesondere im Umfeld des CCC nach potentiellen Kandidaten für die Position des Head of Volunteers. Auf CCC-Veranstaltungen werden so gut wie alle Aufgaben von Ehrenamtlichen Helfern erledigt – ausserdem hat der CCC viele Jahre lang den jährlichen Congress im bcc abgehalten. Es war mir wichtig einen Head of Volunteers zu haben, der nicht nur das Gebäude kennt, sondern auch schon im Vorfeld mit ehrenamtlichen Helfern auf Veranstaltungen gearbeitet hat.
Glücklicherweise fand ich zwei Personen die sich bereit erklärten diese Aufgabe zu übernehmen. Etwa eine Woche vor der Veranstaltung übergab ich diese Aufgabe an die beiden Head of Volunteers. In enger Kooperation haben wir dann die verbleibenden Schichten zusammen verteilt.
Es war geplant dass am ersten Abend des Symposiums ein Konzert von “Juice Rap News” stattfindet. Da das bcc normalerweise lichttechnisch nicht auf Konzerte eingestellt ist, mussten wir mehrere kopfbewegte Scheinwerfer anmieten und in die Lichtanlage integrieren. Auch hier erstellte ich ein Lichtkonzept und übergab dieses den Haustechnikern einige Tage vor der Veranstaltung.
Für das Konzert war es weiterhin notwendig Mikrofone zu leihen, die für Rap besser geeignet sind, als die normalen Konferenzmikrofone. Auch benötigte Juice Rap News Effektgeräte und Kompressoren für den Auftritt. Jeder Song sowie die gesprochene Einführung in das Konzert war mit Videos unterlegt. Das Videoteam bekam von mir ein Briefing wie mit den Daten umgegangen werden sollte.
Für eine Veranstaltung dieser Größenordnung benötigt es eine ganze Menge an digitalen und analogen Inhalten. Beispielsweise großflächige Banner im Fenster, Sponsor-Rollups auf der Bühne, Hinweisschilder für Gäste und Volunteers, Plakate, Flyer, Sticker, digitale Animationen für den Stream und die Leinwand, T-Shirts für unsere Volunteers, bis hin zum Eintrittsbändchen benötigten alle diese Objekte ein einheitliches Design das zum Corporate Design der Veranstaltung passt. Ich war verantwortlich für die Mediaplanung und fasste die technischen und gestalterischen Anforderungen für jedes einzelne der Objekte zusammen und besprach diese mit der in London ansässigen Designerin. Ich war nicht für das Design oder die Gestaltung verantwortlich, ein anderes Mitglied aus unserem Berliner Team kümmerte sich darum, alle gestalterischen Objekte abzunehmen bzw. Änderungen anzufordern.
Veranstaltung
Während der Veranstaltung hatte ich die Position “Head of Stage”. Damit war es meine Aufgabe, der zentrale Verknüpfungspunkt zwischen allen Gewerken zu sein und mich insbesondere um die Einhaltung des Zeitplans zu kümmern.
Es gab leider mehrere spontane Programmänderungen, ausgelöst durch einen Speaker der mehrere Stunden zuspät kam. Meine Aufgabe war es die technischen Anforderungen dieser Vorträge trotzdem zu erfüllen und die Bereitstellung der notwendigen Ressourcen zu organisieren.
Zwei besondere Höhepunkte während der Veranstaltung waren der Videolink in die ecuadorianische Botschaft in London zu Julian Assange, sowie der Videolink nach Moskau zu Edward Snowden. Sowohl die technischen Details als auch die Realisierung zusammen mit dem Team in London und Moskau waren für mich sehr spannend. Die Details unterliegen aber leider der Geheimhaltung.
Erwähnenswert ist sicherlich auch die Lounge direkt unter dem Vortragssaal – hier haben mehrere Künstler, die auch schon während den CCC-Veranstaltungen im bcc das Haus dekoriert haben, die Lounge passend zum Thema eingerichtet und dekoriert. In der Mitte der Lounge gab es eine große Wikileaks-Skulptur, die durch „Crime Scene“ Flatterband abgesperrt war.
Post-Production
Nach der Veranstaltung war ich verantwortlich für die Aufbereitung des Videomaterials und dem Schnitt. Es dauerte etwa eine Woche bis alle Aufzeichnungen online gestellt waren. Die Recordings sind auf Youtube verfügbar.
Leider musste die Audiospur von allen Recordings nachbearbeitet werden. Wir haben dafür die Dienste von auphonic genutzt. Die Publikations-Funktionen die auphonic anbietet haben den Prozess des Hochladens und Veröffentlichens nicht nur vereinfacht sondern auch beschleunigt.
Erfolg und gezogene Lehren
Wir betrachten die Veranstaltung als Erfolg. Wir haben mehr Gäste empfangen als initial geplant und finanziell hat die Veranstaltung schwarze Zahlen geschrieben. Für zukünftige Veranstaltungen habe ich gelernt, dass man für den Stream besser einen vollständig getrennten Audiomix macht und nicht die Saalsumme verwendet. Weiterhin hatten wir Probleme mit den Funkgeräten für die Techniker, welche sich teilweise negativ auf die Kameras auswirkten. Bei zukünftigen Veranstaltungen werde ich, wenn möglich, lieber mit festverkabeltem Intercom arbeiten.
Ich möchte mich persönlich bei den über 60 freiwilligen Helfern bedanken – ohne euch wäre diese Veranstaltung nicht möglich gewesen!